«Es gibt in diesem Jahr deutlich mehr Flugkapazitäten»: Verda Birinci-Reed.
«Es gibt in diesem Jahr deutlich mehr Flugkapazitäten»: Verda Birinci-Reed.
Sommerferien

«Das Bedürfnis nach Reisen ist sehr gross»

Die Produktchefin bei Dertour Suisse über Sommerferien-Preise, Trenddestinationen der Zukunft und Geheimtipps in Afrika.

Christoph Ammann

Los gehts in die Hochsaison! Als Produktchefin beim Reiseunternehmen Dertour Suisse trägt Verda Birinci-Reed nicht nur die Verantwortung für die Mainstream-Marken Kuoni und Helvetic Tours, sondern auch für die Produktepalette von Spezialisten wie Manta Reisen, Kontiki oder Railtour/Frantour. Im Gespräch mit der SonntagsZeitung gewährt die 53-jährige Managerin einen Blick hinter die Kulissen einer Branche, die sich laufend neu anpassen muss.

Helvetic Tours lancierte  zuletzt Schnäppchen-Badeferien für die erste Juli-Woche. Läuft das Geschäft so schlecht, dass Sie den Preis-hammer hervorholen müssen?
Im Gegenteil, wir sind zufrieden mit dem Buchungsstand für die Sommerferien. Allerdings war bis vor einigen Wochen gerade bei Familien eine gewisse Zurückhaltung zu spüren. Der Stau hat sich nun aber aufgelöst.

Weshalb kommen dann so tiefe Lastminute-Preise in Umlauf – etwa für Griechenland und Zypern?
Es gibt in diesem Jahr in allen Märkten deutlich mehr Flugkapazitäten, somit mehr Reisemöglichkeiten und ein grösseres Angebot.

Wirkt sich das auf die Preise aus?
Nach dem starken Anstieg nach den Corona-Jahren sinken die Flugpreise nun tendenziell wieder. Sommer-ferien sind im Schnitt günstiger als 2023 oder zumindest nicht teuerer. Trotzdem lohnt es sich, frühzeitig zu buchen. Zu Jahresbeginn und für gewisse Ziele auch unter dem Jahr locken jeweils äusserst  attraktive Frühbucher-Rabatte.

Fürchten sich Schweizerinnen und Schweizer vor Hitzesommern am Mittelmeer?
Grundsätzlich verschiebt sich die Saison leicht, vom Hochsommer in den Frühsommer und Herbst. Die Hitzesommer vergangener Jahre hatten wohl einen Einfluss: Viele Familien warteten erst mal ab, entschlossen sich dann aber auch angesichts des aktuell eher unbeständigen Wetters hier, doch noch zu buchen. Gerade an den Badeferiendestinationen im Mittelmeer gibt es überall noch freie Betten. Man muss gegebenenfalls etwas flexibel sein bei der Wahl der Unterkunft und des Reisedatums.

Welche Ihrer Destinationen laufen besonders gut?
Im Nah- und Mittelstreckenbereich sind dies Spanien, Griechenland, die Südtürkei und die Emirate. Sehr grossen Zuspruch geniesst weiterhin der Norden, insbesondere Finnland. Von den Städten punkten Klassiker wie Paris, London, Wien, Hamburg oder Rom. Bei den Fernreisen sind Nordamerika, die Malediven, Costa Rica, Australien und praktisch alle asiatischen Destinationen hoch im Kurs, besonders Japan, Bali, Koh Samui und Borneo. In Asien ist der Nachhol-bedarf augenfällig; bis 2023 gab es ja nur noch ein reduziertes Flugangebot. Spannend finde ich, dass sich so viele Schweizerinnen und Schweizer für Südkorea interessieren.

Ist Ägypten trotz des nahen Gaza-Krieges weiterhin gefragt?
Nach einer Buchungsdelle im Anschluss an die Ereignisse vom 7. Oktober hat sich Ägypten wieder einigermassen erholt. Die Reiselust überwiegt. Dass das Vertrauen in die Sicherheit einer Destination schnell zurückkehrt, haben wir schon bei andern Ereignissen erlebt.

Von der viel zitierten Flugscham scheint nicht mehr viel übrig geblieben zu sein?
Das Bedürfnis nach Reisen ist in der Tat sehr gross. Die Menschen wollen etwas erleben und entdecken. Das geht auch umweltfreundlich. Bei Städtereisen nach Salzburg, Paris oder Mailand liegt die Bahnanreisequote bei fast hundert Prozent.

Welchen Schaden hat die Insolvenz des Reiseanbieters FTI angerichtet?
Grundsätzlich ist ein Ereignis dieser Art nicht gut für die Reisebranche. Aber auf der andern Seite kam kein einziger Kunde, der eine FTI-Pauschalreise gebucht hatte, zu Schaden. Wir sehen das im eigenen Haus: Unsere Reisebüros verkaufen auch Produkte von Mitbewerbern. Die Filialen kümmern sich sorgfältig um die wenigen hundert Kunden, die eine FTI-Pauschale gebucht hatten. Etwas bewahrheitet sich einmal mehr: Wer bei einem Reiseveranstalter oder im Reisebüro gebucht hat, kommt im Krisenfall ohne Verlust davon.

Was passiert bei einer Insolvenz wie jener der FTI mit Online-Buchungen?
Wer bei uns im Netz bucht, wird einem Reisebüro zugeteilt und kriegt eine Expertin oder einen Experten zur Seite gestellt. Wir sind rund um die Uhr erreichbar und haben den Anspruch, für alle Probleme eine Lösung zu finden. Der Mehrwert und das Dienstleistungsangebot von Reise-büros und Reiseveranstaltern, insbesondere im Krisenfall, sind immer noch viel zu wenig bekannt.

Welches sind die Trenddestinationen der Zukunft? 
Der Norden wird immer stärker gefragt, hier wird es mehr Flugkapazitäten und -verbindungen geben. Wir sehen aber auch Potenzial in Asien, Südamerika und abseits der touristischen Trampelpfade, etwa in Afrika, Ruanda, Zimbabwe oder Sambia.

Wo verbringen Sie Ihre Ferien?
Ich konnte mir Ende 2023 meinen langjährigen Wunsch einer Antarktis-Reise erfüllen. Im Frühling war ich auf den Malediven, nun folgen Ferien in der Türkei, wo ich meine Familie besuche. Die Pläne für Ende Jahr sind noch unklar. Gerne würde ich mal das Trendziel Südkorea kennenlernen, aber der Winter ist dort für mich nicht die beste Reisezeit.

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